Schülerbeförderung

Richtige und vollständige Ausgestaltung von Schulbusverträgen 
Vergaberechtskonforme Ausschreibung von Leistungen im freigestellten Schülerverkehr
Vermeidung von Rückforderungen staatlicher Zuschüsse

Gemäß Art. 5 Abs. 2 des Bayerischen Schulfinanzierungsgesetzes (BaySchFG) i.V.m. 
Art. 10a des Bayerischen Finanzausgleichsgesetzes (BayFAG) gewährt der Staat Gemeinden und Gemeindeverbänden pauschale Zuweisungen zu den notwendigen Kosten der Schülerbeförderung. Näheres regeln das Schulwegkostenfreiheitsgesetz (SchKfrG), die Schülerbeförderungsverordnung (SchBefV) und die Verordnung zur Durchführung des Art. 10a des Finanzausgleichsgesetzes und des Art. 4 des Gesetzes über die Kostenfreiheit des Schulwegs (DVFAG/SchKFrG).

Wo die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel für die Schüler nicht möglich oder zumutbar ist, kann - außerhalb des öffentlichen Linienverkehrs – ein „freigestellter Schulbusverkehr“ organisiert werden. Grundlage hierfür ist die Freistellungsverordnung (FrStllgV), welche von den Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG), insbesondere von der Genehmigungspflicht für die Personenbeförderung, befreit. Dies gilt neben dem Schulbusverkehr durch oder für Schulträger u. a. auch für den Busverkehr für Behinderte; s. § 1 Ziff. 4 d) und g) FrStllgV.

Da die für den Sachaufwand zuständigen Gebietskörperschaften den Schulbusverkehr regelmäßig nicht selbst übernehmen, werden die erforderlichen Leistungen hauptsächlich an private Unternehmen übertragen. Die Auftraggeber sind dabei gehalten, Schulbusverträge mit den Busunternehmern inhaltlich richtig und vollständig zu gestalten. Hier sind die Anforderungen an das öffentliche Haushaltsrecht zu beachten; s. Gemeindeordnung (GO), Landkreisordnung (LkrO) und Bezirksordnung (BezO) – jeweils in ihrem dritten Teil, Kommunalhaushaltsverordnungen (KommHV). Die Leistungen sind im Einklang mit dem Vergaberecht auszuschreiben; s. §§ 97 ff. Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), Vergabeverordnung (VgV), Unterschwellenvergabeordnung (UVgO). Zahlreiche Regelungen unterschiedlicher Natur sind zu beachten, wie etwa die Straßenverkehrsordnung (StVO), die Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO), die Fahrerlaubnisverordnung (FeV), das Personenbeförderungsgesetz (PBefG), die Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Personenverkehr (BOKraft) oder Haltestellenrichtlinien. 


Vorbehalt der Rückforderung staatlicher Ausgleichsleistungen 

Die staatlichen Fördermittel für den freigestellten Schülerverkehr unterliegen dem Vorbehalt der Nachprüfung und eventuellen Rückforderung. 

Nach den zuwendungsrechtlichen Vorgaben des Freistaats Bayern bleibt die Rückforderung der Ausgleichsleistung regelmäßig vorbehalten, falls „nachträglich Unrichtigkeiten oder Unvollständigkeiten festgestellt“ werden. Das gemäß § 7 Abs. 1 DVFAG/SchKFrG zuständige Landesamt für Statistik  weist bei seinen pauschalen Zuweisungen auf das Prüfungsrecht des Bayerischen Obersten Rechnungshofs, welches etwa von den Landratsämtern oder dem Bayerischen Kommunalen Prüfungsverband wahrgenommen wird, hin. 

Die staatliche Förderung der Kosten der Schülerbeförderung differenziert zwischen den Zuweisungen nach Aufwendungen für die notwendige Schülerbeförderung und nach der Zahl der Schüler mit gesetzlichem Beförderungsanspruch. Die Aufwendungen ergeben sich aus den anfallenden bzw. angefallenen Kosten. Ohne hier auf Einzelheiten einzugehen: Die Aufgabenträger sollten sich jedenfalls die Möglichkeit des Nachweises schaffen, dass die von externen  Unternehmen erbrachten Beförderungsleistungen nach den Grundsätzen der sparsamen und wirtschaftlich Haushaltswirtschaft vergeben sind. Das könnte im Einzelfall schwer zu belegen sein, wenn die betroffenen Beförderungsverträge vor langer Zeit ohne Ausschreibung direkt abgeschlossen wurden. Gleiches dürfte gelten, wenn Vertragsverhältnisse unbefristet fortgesetzt und über die Jahre ohne weiteres einseitige Preiserhöhungen der Unternehmer akzeptiert werden. 

Häufig werden Schüler für die Förderung angesetzt, obwohl sie vom Umfang der Beförderungspflicht nach § 2 SchBefV nicht erfasst sind; etwa weil der Schulweg für diese nicht länger als zwei bzw. drei Kilometer ist (vgl. § 2 Abs. 2 Ziff. 1 SchBefV), oder weil sie nicht die für sie nächstgelegene Schule i.S.v. § 2 Abs. 1 SchBefG besuchen. Stellt sich dies bei der staatlichen Prüfung heraus, drohen entsprechende Rückforderungen der Ausgleichsleistungen.


Vergaberechtskonforme Ausschreibung

Schulbusverträge sind grundsätzlich auszuschreiben. 
Für nationale Ausschreibungen ergibt sich dies bereits aus dem kommunalen Haushaltsrecht. So muss nach § 31 KommHV der Vergabe von Aufträgen eine Öffentliche Ausschreibung oder eine Beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb vorausgehen, sofern nicht die Natur des Geschäfts oder besondere Umstände eine Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb oder eine Verhandlungsvergabe rechtfertigen. Bei der Vergabe von Aufträgen und dem Abschluss von Verträgen sind die Vergabegrundsätze anzuwenden, die das Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat bekanntgibt. 
Ab Erreichen der sog. Schwellenwerte gilt für die Vergabe von Leistungen im freigestellten Schülerverkehr das europäische Vergaberecht nach §§ 97 ff. GWB und der VgV. Zwar enthält die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 für Personenverkehrsdienste ein eigenes Vergaberechtsregime, etwa zum sog. wettbewerblichen Vergabeverfahren oder zur Zulässigkeit der Direktvergabe. Dies gilt indessen nicht für den freigestellten Schülerverkehr, da es sich hier nicht um Verkehrsleistungen im Sinne des Art. 5 Abs. 1 der VKR 2004/17-EG handelt. Hierunter fallen nur solche Dienstleistungen, die der Versorgung der Allgemeinheit mit Verkehrsleistungen dienen. Bei dem Transport von Schülern handelt es sich zwar um eine Verkehrsleistung, jedoch dient sie nicht der Allgemeinheit. Daher sind diese Verkehre aufgrund des § 57 Abs. 1 Nr. 8 PersBefG 2013 durch die Freistellungsverordnung vom 30.08.1962 von den Vorschriften des PersBefG freigestellt (vgl. § 1 Nr. 4 g FreistellungsVO). S. VK Lüneburg, B. v. 28.05.2014 – VgK-13/2014.
Bei der europaweiten Ausschreibung steht je nach Einzelfall eine Vergabe im Offenen Verfahren (§ 15 VgV) oder im nicht offenen Verfahren (§ 16 VgV) zur Verfügung. Ein Verhandlungsverfahren nach § 17 VgV dürfte bei Leistungen im freigestellten Schülerverkehr nur im Ausnahmefall zulässig sein, da die Voraussetzungen des § 14 Abs. 3 und 4 VgV meist nicht vorliegen werden. Auch wird hier regelmäßig die Vergabe einer sog. Dienstleistungskonzession ausscheiden, welche besonderen Regeln unterworfen wäre. Um Dienstleistungskonzessionen handelt es sich begrifflich nur dann, wenn auch ein wesentlicher Teil des Betriebsrisikos vom Unternehmer übernommen wird, was bei Schulbusverträgen im freigestellten Schülerverkehr regelmäßig nicht stattfindet; s. hierzu OLG Koblenz, B. v. 25.03.2015 – Verg 11/14.
Ob im Einzelfall der Schwellenwert erreicht wird, derzeit bei Schülerbeförderungsleistungen 221.000,00 € netto, ist nach den Vorgaben des § 3 VgV zu schätzen. Maßgeblich ist der voraussichtliche Gesamtwert der vorgesehenen Leistung ohne Umsatzsteuer, wobei etwaige Optionen oder Vertragsverlängerungen zu berücksichtigen sind, § 3 Abs. 1 VgV. Bei Schulbusverträgen handelt es sich um Daueraufträge i.S.d. § 3 Abs. 10 und 11 VgV, bei denen häufig der geschätzte Auftragswert von 48 Monaten Berechnungsgrundlage sein wird. Der „europäische Schwellenwert“, der zur europaweiten Ausschreibung verpflichtet, ist also schnell erreicht. 
Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist eine Entscheidung des OLG München, B. v. 02.06.2016 Verg 15/15. Hier hatte eine Stadt Schülerbeförderungsleistungen lediglich national ausgeschrieben, obwohl bei ordnungsgemäßer Schätzung Sonderfahrten hätten berücksichtigt werden müssen. Wenngleich der künftige Umfang der Sonderfahrten nicht feststand, hätte nach Ansicht des OLG auf den Leistungsumfang der vorangegangenen Schuljahre zurückgegriffen werden und auf Grundlage der in diesem Zeitraum durchgeführten Sonderfahrten der Auftragswert dieser Position geschätzt werden müssen. Das konkurrierende Busunternehmen konnte so darlegen, dass durch den behaupteten Vergaberechtsverstoß ein Schaden entstanden ist oder droht (§ 107 Abs.2 GWB a.F.).
 

Schulbusverträge

Schulbusverträge sollten nach den individuellen Anforderungen des Trägers des Schulbusverkehrs gestaltet werden. 

Häufig werden „Musterverträge“ herangezogen, ohne sich über deren Inhalte konkret Gedanken zu machen. Die Bedeutung des Beförderungsvertrags wird so nicht hinreichend gewürdigt. Denn durch eine auf den Einzelfall abgestellte, bedarfsorientierte Ermittlung und Ausgestaltung der Vertragsinhalte haben die Kommunen einen maßgeblichen Einfluss auf die Kosten und die näheren Bedingungen der gewünschten Beförderung. Musterverträge sind eine gute Arbeitsgrundlage für die Vertragsgestaltung, aber alleine nicht ausreichend. 

Im Schulbusvertrag geht es um Regelungen über die allgemeinen Leistungspflichten des Auftragnehmers und um den betrieblichen Leistungsumfang, um die Vergütung (i.d.R. nach Besetzt-Kilometer) und Preisanpassung, um Fahrpläne, Routen, Zeiten, Streckenführung und anzufahrende Haltestellen, um die Vertragsdauer und Kündigungsfrist, die Haftung und Versicherung, Vertragsstrafen etc. Darüber hinaus können auch qualitative, mitunter sicherheitsrelevante Vorgaben zu den eingesetzten Fahrzeugen gemacht werden. Kapazitäten sollten ggf. variabel festgelegt werden, damit Überfüllungen ausgeschlossen werden. Auf eine kindergerechte Ausstattung der Busse kann Einfluss genommen werden. Die Verwendung der Stehplätze kann eingeschränkt oder ganz ausgeschlossen werden, die saisonale Verwendung von Winterreifen oder die Ausrüstung der Omnibusse mit Sicherheitsgurten vorgeschrieben werden. Auch Anlässe und voraussichtlicher Umfang von Sonderfahrten sollten hinreichend ermittelt werden, damit sie im Vertrag hinreichend geregelt werden können. Für Schüler, welche von der Beförderungspflicht nicht erfasst werden, kann zur Meidung von Fördermittelverlusten nach Möglichkeit – in Abstimmung mit der Zuwendungsbehörde – eine transparente, differenzierende Regelung gefunden werden.

Auf Grund der aktuellen Situation am Markt und der zu erwartenden Preise sollte aber im Vorfeld einer Ausschreibung genau überlegt werden, welche qualitativen und quantitativen Anforderungen an den Auftragnehmer im Vertrag gestellt werden. Dies gilt mit Blick auf den teilweise leergefegten Arbeitsmarkt gerade für das einzusetzende Personal. Gewiss kann durch den Vertrag der Unternehmer (über die gesetzlichen Anforderungen hinaus) etwa dazu verpflichtet werden, bei den eingesetzten Fahrern ein Mindest- sowie Höchstalter zu beachten und die eingesetzten Fahrer –etwa für den Umgang mit Kindern- besonders auszubilden, beispielsweise durch Besuch entsprechender Weiterbildungsseminare. Auch kann gefordert werden, dass nur Fahrer eingesetzt werden dürfen, die Inhaber eines Personenbeförderungsscheins sind. Rechtlich erforderlich ist das nicht, denn Fahrer von Fahrzeugen im freigestellten Schülerverkehr sind von den entsprechenden Vorschriften befreit, so dass sie grundsätzlich keinen Personenbeförderungsschein brauchen.


Aufwand für Gestaltung der Schulbusverträge und Ausschreibung

Gelegentlich bedarf es erst einer Beanstandung durch die staatliche Rechnungsprüfung, die der Kommune vermittelt, dass eine Neuvergabe der Leistungen zur Schülerbeförderung erforderlich ist. Der Aufwand dazu für Vorbereitung, Projektierung, und Durchführung des Verfahrens ist je nach Einzelfall unterschiedlich groß. Die erforderlichen Leistungen können extern eingeholt werden, wenngleich die Kommunalverwaltung meist zumindest einen Großteil davon (ggf. mit Unterstützung externer Leistungsträger) selbst erbringen kann.

Die Leistungsbilder lassen sich (hier beispielhaft) in verschiedene Phasen unterteilen. 

1.    Grundlagenermittlung

  • rechtssichere Beendigung des bisherigen Beförderungsvertrags zur Neuvergabe auf Grundlage einer (meist europaweiten) Ausschreibung
  • Klären der Aufgabenstellung
  • Bedarfsermittlung der qualitativ und quantitativ erforderlichen Leistungen für die Schülerbeförderung, meist durch Bestandsaufnahme, Überarbeitung und Novellierung der bereits in der Vergangenheit erbrachten Leistungen
  • Markterkundung
  • Erfassen der Projektbeteiligten

2.    Verfahrensvorbereitung

  • Klären von Verfahren und Ablauf sowie Organisation
  • Vermeidung von Interessenkonflikten
  • Aufstellen und Abstimmung eines Terminplans für den Verfahrensablauf
  • ggf. Auswahl des Entscheidungsgremiums
  • Erstellen der Vergabeunterlagen (Leistungsbeschreibung nach VgV oder UVgO, eventuell Aufteilung der Leistung in Lose, Erarbeitung der Eignungs- und Zuschlagskriterien, Erarbeiten eines Vertragsmusters
  • Schätzung des Auftragswerts
  • Wahl der Art des geeigneten Vergabeverfahrens
  • Grundsätze der Kommunikation, ggf. Wahl der Vergabeplattform bei e-Vergabe
  • Abstimmung mit der Zuwendungsbehörde

3.    Durchführung des Vergabeverfahrens

  • Auftragsbekanntmachung und Veröffentlichung
  • Bereitstellen der Vergabeunterlagen
  • ggf. Auswahl geeigneter Unternehmen
  • Bieterfragen
  • Änderung der Vergabeunterlagen
  • Angebotseröffnung
  • Prüfung und Wertung der Angebote
  • Information und Unterrichtung der Bewerber und Bieter
  • Zuschlag und Vertragsabschluss
  • Vergabebekanntmachung und Veröffentlichung
  • Dokumentation (Vergabevermerk)


Dr. Andreas Zöpfl
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Vergaberecht
Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Fachanwalt für Baurecht und Architektenrecht